Hazrat Kolumbus

Hazrat Inayat Khan und Christop Kolumbus teilen ein ähnliches Schicksal. Beide wurden lange Zeit in ihrem Bereich als ,Erster’ bezeichnet und sind eigentlich  jeweils wegen anderer Dinge wichtig. Bei beiden besteht inzwischen kein Zweifel, dass sie nicht ,Erste’ waren. Sie waren noch nicht mal ‚Zweite‘. Und es gibt eine Menge weiterer Parallelen.

Bei Kolumbus stellte sich inzwischen heraus, das Amerika weit vor ihm von Europäern ,entdeckt’ worden ist. Die Wikinger haben nachweislich lange vor Kolumbus Seereisen von Europa aus nach Amerika unternommen. Aber selbst wenn die Wikinger als ,Erste’ gelten sollten, offenbart sich damit nur der eurozentrische Blickwickel des Kolonialismus. Sowohl die Wikinger als auch Kolumbus trafen in Amerika auf Menschen. Diese sogenannten ,Indianer’ haben den Erdteil weit vorher entdeckt, denn sonst wären sie dort nicht angetroffen worden. Ihnen gebührt ohne Zweifel die ,Erstheit’, wenn es denn unbedingt eine geben muss.

Diese ,Erstheit’ hat tragischerweise die eigentliche Leistung von Kolumbus überlagert. Seine  großartige Leistung bestand eher darin, dass er entdeckte, dass es ein Windsystem gibt, das ihn von Ost nach West transportierte und umgekehrt. Eine Art Pater Noster, der für eine relativ problemlose Reise hin und zurück sorgt. Alle Atlantiküberquerungen nach Kolumbus stützen sich auf diese Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die danach perfektioniert wurde und letztendlich die Welt grundlegend veränderte.

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Die Hälfte des Himmels

In einem Newsletter von 2018 des Inayati Ordens wurde eine interessante Nachricht verbreitet, die im Grunde eigentlich längst überfällig war und doch ein deutliches Zeichen setzt. Die älteste Tochter und erstgebornes Kind von Hazrat Inayat Khan Pirzadi-Shahida Noor-un-Nisa Inayat Khan wurde als berechtigte Linienhalterin in die Kette der Überlieferung / silsila zwischen ihrem Vater und seinem Nachfolger Pir Vilayat Khan eingefügt. Die Nachricht ist von erfreulicher Sachlichkeit ohne Polemik geprägt und enthält die Begründung für diesen Schritt. Der Inayati Orden/tariqa ist zu diesem Schritt zu beglückwünschen und wird vielleicht für weitere Orden/turuq ein Beispiel sein können. Leider erfolgte dann der anscheinend übliche Schritt, dem Mitglieder der Inayatiyya offensichtlich reflexartig verfallen. In typisch Neo-Sufischer Tradition wird in einem offiziellen Rundschreiben eines Zweiges der deutschsprachigen Inayatiyya der og. Schritt als einmalig und absolut unüblich gepriesen. Es hätten im ,Geflecht der Linien der Überlieferungen soweit offiziell bekannt’ bisher ausschließlich Männer in der Überlieferungskette gestanden. Garniert wird der Text mit der Aussage, dass bis heute in vielen traditionellen SufiOrden/turuq Frauen nicht einmal Zutritt hätten.

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Lass die Menschen gedeihen

Süleyman I, der einst über ein riesiges Reich herrschte, stellte sich eines Tages die Frage, aus welchen Gründen ein Staat wohl untergehe könne. Diese Frage richtete er hilfesuchend an den Sufi-Meister Yahya Efendi, der in einem Brief lediglich antwortete: ,Was geht mich das an?’

Anstelle ihn zu bestrafen, wie es Despoten und Tyrannen üblicherweise tun, suchte Süleyman den Sheikh auf und wollte den tieferen Sinn hinter der knappen, scheinbar respektlosen Antwort erfahren.

Sheikh Yahya Efendi erklärte nun: „Wenn die Unterdrückung sich in einem Staat ausbreitet, die Ungerechtigkeit offenkundig wird und diejenigen, die davon hören, sagen: .Was geht mich das an?’, und zusätzlich die Schafe nicht von den Wölfen, sondern von den Hirten gefressen werden und diejenigen, die das wissen, schweigend vorübergehen; wenn der Hilferuf der Armen, Bedürftigen, der Alleinstehenden zum Himmel hinaufsteigt, und niemand außer den Steinen diesen Hilferuf vernimmt – nun, dann geht ein Staat unter. […] All diese Dinge fangen damit an, dass man sagt ,Was geht mich das an’. Deshalb ist es erforderlich, ,Was geht mich das an’ nicht zu sagen.“

Obwohl es im Sufismus / tasawwuf eigentlich üblich ist, sich weniger mit tagespolitischen Themen zu beschäftigen, drängt sich diese Geschichte über Sheikh Yahya Efendi aktuell auf. Die weltpolitischen Wetterlage ist dazu angetan, einen wichtigen Rat nicht aus den Augen zu verlieren, den Mullah Nasrudduin seinen Schülern einst gab. Einer der Schüler Mullah Nasruddins fragte:
„Welche Leistung ist höher zu achten: die eines Sultans, der ein fremdes Land erobert hat, die eines Sultans, der es hätte tun können, aber darauf verzichtete, oder die eines Mannes, der einen Sultan davon abgehalten hat?“

„Keine Ahnung“, sagte der Mullah, „aber ich kenne eine Aufgabe, die noch schwieriger ist als alle drei zusammen.“
„Und welche ist das?“
„Euch beizubringen, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind.“

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Außen wie innen?

„Das Leben des Menschen, der das innere Leben lebt, wird wie das Leben eines Erwachsenen, der unter vielen Kindern lebt. Dennoch scheint es nach außen hin keinen so großen Unterschied zu machen, wie er sich im unterschiedlichen Lebensalter zwischen Kindern und Erwachsenen zeigt, weil der Unterschied im Entwicklungszustand des Bewusstseins besteht, der nicht immer offensichtlich zu erkennen ist. Jemand, der das innere Leben lebt, erreicht ein viel höheres Alter als die ihn umgebenden Menschen, und dennoch ist seine äussere Erscheinung wie die jedes anderen Menschen. Deshalb eignet sich jener Mensch, der die Fülle des inneren Lebens verwirklicht hat, eine vollkommen andere Lebensführung an als derjenige, der gerade erst den Pfad betritt, oder derjenige, der intellektuell etwas über das innere Leben weiß, es aber nicht wirklich lebt.

Aber für denjenigen, der die Fülle des inneren Lebens erreicht, ist es eine große Freude, mit seinen Mitmenschen umzugehen, so wie es für Eltern eine Freude ist, mit ihren kleinen Kindern zu spielen. Es sind die schönsten Augenblicke in ihrem Leben, wenn sie selbst unter ihren Kindern wie Kinder fühlen und an deren Spiel teilhaben dürfen. Gütige und liebevolle Eltern werden sich so verhalten, als wurden sie Tee trinken, wenn das Kind eine Puppentasse bringt, und als wurden sie sich darüber freuen; sie lassen in dem Kinde weder den Gedanken aufkommen, dass sie etwas Besseres seien, noch, dass dies etwas ist, woran sie eigentlich nicht teilhaben sollten. Sie spielen mit dem Kind, und sind mit ihm glücklich, denn das Glück des Kindes ist auch ihr eigenes.

Dies ist die Handlungsweise eines Menschen, der das innere Leben lebt, und aus diesem Grund stimmt er mit Menschen aller Entwicklungsstufen überein und harmonisiert mit ihnen, einerlei was für Vorstellungen, Gedanken, was für einen Glauben und welches Bekenntnis sie auch haben mögen; einerlei wie sie beten oder ihre religiöse Begeisterung zeigen. Er sagt nicht: „Ich bin sehr viel! entwickelter, als ihr es seid, und mit euch zusammen zu sein, wurde für mich einen Rückschritt bedeuten.“ Derjenige, der schon so weit vorangegangen ist, kann niemals mehr zurückgehen, aber wenn er mit ihnen zusammen geht, nimmt er sie mit vorwärts. Ginge er alleine weiter, so würde er merken, dass er seiner Pflicht gegenüber seinen Mitmenschen ausweichen wurde, die er eigentlich erfüllen sollte. Der leere Krug gibt einen Ton, wenn du an ihn klopfst, aber der voll Wasser verursacht kein Geräusch; er ist still, sprachlos.“ (Hazrat Inayat Khan, Das Erwachen des menschlichen Geistes, Kapitel 29)

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Anrufung auf Plattdeutsch

Anropung in Plattdüütsch

Opp to
dem Eenen ,

de
Vollkommenheid vun Levde, Liekopheid un Smuckheid,

de
eenzige Daarwesenheid,

alltohoop
mit de erlüchteten Seeln,

de den
Baas henstellen,

de
Goest, de vörut geit.

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